Der Namensprozess

Wie gelingt die Diskussion und Entscheidung über den passenden Namen?

Sich für den richtigen Namen zu entscheiden ist schwieriger als man denkt. Die Anforderungen an den Namen sind so hoch, dass es schwerfällt, überhaupt einen passenden zu finden, geschweige denn sich unter mehreren Varianten – und ggf. mehreren Verantwortlichen – für den EINEN Namen zu entscheiden. Im Prozess der Namensfindung – und vor allem bei Namensänderungen –  begegnet uns dieses Thema regelmäßig, so dass wir an dieser Stelle einmal zusammenfassen, was für eine gelungene Namensdiskussion und -entscheidung (überlebens-)wichtig ist.

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Nicht selten taucht ganz zum Schluss, beim eigentlich letzten Schritt einer Namensfindung plötzlich wieder die Frage auf, "warum wir überhaupt einen neuen Namen brauchen?", denn "der alte Name bzw. der provisorische Arbeitstitel waren doch gar nicht so schlecht?". Das passiert in kleinen wie großen Unternehmen und liegt meist daran, dass nicht alle Beteiligten rechtzeitig ins Boot geholt wurden oder die Gründe für die (Um-)Benennung nicht ausreichend kommuniziert wurden.

Die wichtigste Frage zu Beginn einer Diskussion über Namensideen lautet daher: Steht für alle Beteiligten überhaupt fest, dass der Name geändert bzw. ein neuer Name gefunden werden muss?

Wenn das noch nicht allen Beteiligte klar ist, kann eine Entscheidungsdiskussion nur schief gehen, egal wie genial oder vielfältig die vorgeschagenen Namen sind.

Mit folgenden 4-Schritte-Plan gelingt die Namensdiskussion und -entscheidung auch in schwierigen Situationen:

1. Alle abholen: Ein neuer Name muss her!

Vor der Namensdiskussion sollte man noch einmal mit klaren Fakten begründen, warum es keinen Sinn macht, mit dem alten Namen weiterzuarbeiten bzw. warum der bereits verwendete Arbeitstitel keine Option ist. Im Vorfeld zu einer Namenspräsentation sollten die Gründe präsentiert und klargestellt werden, dass auf jeden Fall ein neuer Namen gefunden werden muss, z.B.:

  • Der Arbeitstitel ist nicht schutzfähig, weil er das Produkt/Thema nur beschreibt oder anpreist
  • Wettbewerber verwenden bereits ähnliche Namen, ggf. Ergebnisse der Markenrecherche erläutern
  • Der Firmengründer steigt aus dem Unternehmen aus oder Zukäufe müssen integriert werden
  • Man hat sich mit dem bisherigen Namen noch nie wirklich anfreunden können
  • Der alte Name entstand aus der Historie und ist nicht aussagkräftig genug
  • Der alte Name passt nicht mehr zur Strategie oder zum erweiterten, z.B. digitalen Angebot
  • ...

So werden besonders bei Namensänderungen Zweifler oder hartnäckige Anhänger des alten Namens ins Boot geholt und auf die Mission „neuer Name“ eingestimmt. Sich von einem gewohnten Namen oder schon etablierten Arbeitstitel zu trennen fällt schwer, aber diesen Schritt müssen alle ganz klar gemeinsam gehen.

Das Ziel: Die Erkenntnis, dass kein Weg daran vorbei führt einen neuen Namen zu finden!

2. Die Namenspräsentation: Bloß keine offene Diskussion!

Die Präsentation von neuen Namensideen birgt einige Fallen, die man mit guter Vorbereitung verhindern kann. Egal ob die Namensideen intern oder mit professioneller Hilfe entstanden sind: Zum Zeitpunkt der Präsentation vor einem größeren Kreis sind bereits sehr viele Gedanken und ein Haufen Arbeit in das Namensprojekt geflossen.

Es ist daher wichtig, allen klar zu machen, dass die Namen nicht einfach so ohne große Überlegung vom Tisch gewischt werden dürfen. Wir empfehlen daher, den bisherigen Prozess und die hohen Anforderungen an die Namen vorab vorzustellen, z.B.:

  • möglichst einzigartig in der jeweiligen Branche
  • schutzfähig / rechtlich abgesichert
  • zum Unternehmen / zur Strategie passend
  • international einsetzbar 
  • gut auszusprechen
  • auch bei künftigen Änderungen im Angebot noch passend
  • individuelle Werte je nach Briefing und Branche transportieren 
  • ...

Das Ziel: Klarmachen, dass die vorliegenden Vorschläge all diese Anforderungen bereits bestmöglich erfüllen und einige Hürden in Form von Markenchecks, Domainabfragen etc. schon bestanden haben. Während des Namensprozesses sind oft hunderte von Ideen geprüft und wegen älterer Rechte verworfen worden. Das gibt den Vorschlägen und der erbrachten Vorarbeit das verdiente "Gewicht" und sie werden in der folgenden Diskussion nicht allzu schnell abgetan.

Spontane Reaktionen unerwünscht!

Der vielleicht wichtigste Tipp zur Namensdiskussion ist, eben diese zu verhindern. Klingt hart, ist aber essentiell für eine effektive Entscheidungsfindung. Insbesondere wenn die Teilnehmenden die Namen zum ersten Mal hören und sehen, müssen sie sich wie an alles Neue erstmal dran gewöhnen. Aufgefordert, spontan eine Meinung zu äußern, fällt es meistens leichter Kritik zu äußern als sich sofort für etwas zu begeistern.

Daher vor Beginn der Präsentation darauf hinweisen, dass erste spontane Gedanken der Zuhörer:innen zunächst nur notiert aber nicht laut ausgesprochen werden. Frühzeitig ausgeplauderte, negative Eindrücke zu einem Namen führen dazu, dass selbst die aussichtsreichsten Namen für immer „verbrannt" sind. Um dies zu verdeutlichen kann man das „Omas Katze Syndrom“ zitieren:

„Dieser Name erinnert mich an die Katze meiner Großmutter, die vom Auto überfahren wurde.“ Diese subjektive Wahrnehmung führt dazu, dass die Vorstellung von der toten Katze nicht mehr aus den Köpfen wegzukriegen ist – auch wenn niemand sonst in der Runde diese Erfahrung gemacht hat.

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Daher vorsichtig sein mit vorschnellen, subjektiven Aussagen! Hierfür die Runde sensibilisieren, auch wenn es die Geschäftsleitung ist. Am besten nach der Namenspräsentation zunächst gar keine Diskussion zulassen, sondern die Namen wirken und erst nach einer gewissen Gewöhnungszeit bewerten lassen. Wenn es sich nicht vermeiden lässt, dann die folgenden Regeln unter 3. beachten: 

3. Die Namenbewertung: Erst positiv, dann konstruktiv!

Die wichtigste Regel bei einer Namensdiskussion oder Feedbackrunde: Positives zuerst nennen! Wie oben beschrieben neigt der Mensch erwiesener Weise dazu, erstmal den Fehler an etwas zu suchen, da dies leichter erscheint. Wer „gezwungen“ wird, etwas Positives zu finden, denkt ein zweites Mal darüber nach und findet oft tatsächlich etwas, das auf den ersten Blick noch nicht aufgefallen ist.

Wir weisen dann darauf hin, dass Kritik zu einem späteren Zeitpunkt noch möglich sein wird. Wer nichts Positives beitragen kann, der solle sich noch zurückhalten. Hier ist wirklich strenges Einhalten der Regel angesagt. Aussagen, die so beginnen: "Also eigentlich hat mir ja kein Name gefallen, aber..." oder sogar negative Mimik oder  Gesten bei einzelnen Wortmeldungen sind verboten. Das sollte übrigens als Regel für alle Präsentationen von Innovationen gelten, nicht nur für Namen. 

Konstruktive Kritik ist erlaubt

Natürlich ist anschließend – oder nach einer Gewöhnungszeit von 1 bis 2 Tagen – auch kritisches Feedback erlaubt. Bei Ablehnung eines Namens wird aber ein triftiger, objektiver Grund gefordert, wie z.B.

  • Konkurrenz X hat schon fast den gleichen Namen
  • Name X heißt Dummkopf auf kroatisch
  • Ich habe Schwierigkeiten beim Aussprechen
  • ...

Schwammige Aussagen wie „Find ich jetzt nicht so...", „Kann damit nichts anfangen" sollten nicht gelten. Denn die Namen sind bereits das Ergebnis eines längeren Prozesses, haben einige Hürden übersprungen und erfüllen bereits viele formale Anforderungen. Daher zählen auch nur stichfeste Argumente, um sie abzulehnen bzw. in Frage zu stellen. 

4. Die Entscheidung – welcher Name wird es nun?

Irgendwann kommt unweigerlich der Punkt, an dem man sich entscheiden muss. Wird in einer größeren Runde entschieden, ist der Zeitpunkt, an dem die Entscheidungsträger:innen ins Boot geholt werden, extrem wichtig. Geschieht das zu früh, mit noch vielen nicht ganz ausgegorenen Ideen an Bord, verheddert man sich in langwierigen Diskussionen. Geschieht es zu spät, und die Entscheidenden fühlen sich nicht aureichend informiert oder übergangen, könnte passieren, was der Supergau jedes kreativen Prozesses ist: Zu einem Zeitpunkt, an dem es eigentlich nur noch um Vorschlag A, B oder C gehen sollte, werden alle Vorschläge abgelehnt und der gesamte Prozess in Frage gestellt.

Daher sollte für den Naming Prozess genügend Zeit und Vorbereitung eingeplant und etwaige Entscheidungs-Meetings schon weit vorab geplant werden, um sicherzustellen, dass auch wirklich alle wichtigen Personen teilnehmen. Ausreichend Zeit für Präsentation, Gewöhnung, Bewertung und Entscheidungsfindung sollte auch vorhanden sein.

In einem Präsenz-Meeting, zum Beipsiel im Rahmen eines Naming-Workshops, empfiehlt sich, alle Namen ausgedruckt an eine Wand zu heften und mit einem Punkte-System zu bewerten (Grün/ Rot oder drei Punkte je Teilnehmer:in). So kommen auch introvertierte Teilnehmer zu „Wort“, die sich vielleicht nicht trauen, in großer Runde oder einer wilden Diskussion für ihren favorisierten Namen einzustehen. Man kann sogar eine anonyme Bewertung vornehmen, z.B. die Namen an umgedrehte Wände hängen oder per Zettelwahl abstimmen lassen. So wird die Hierarchie ausgehebelt, wenn die Chefin – oder ein dominanter Teilnehmer – vorab schon seinen Favoriten genannt hat.

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Anonyme Abstimmungen förden eine unabhängig-demokratische Entscheidung

Das Ziel: TOP 3 Auswahl

Auch hier ist oft noch nicht ein Name der einzig herausragende Favorit. Mehrere Favoriten haben aber sogar den Vorteil, dass man Ersatznamen hat, falls beim Anwalt oder in späteren Phasen tatsächlich noch ein Name herausfällt. Für die finale Entscheidung ist es aber auch wichtig, sich von seinem Lieblingsnamen trennen zu können – denn das bestmögliche Ergebnis zählt.

Für Online-Meetings oder im Nachgang zu einem Präsenz-Präsentation eignen sich Abstimmungstools wie Mentimeter, mit denen zum Beispiel ein Ranking der Namen erstellt werden kann. Ein Ranking fällt oft leichter als sich für einen einzigen Namen entscheiden zu müssen – und das Ergebnis zeigt die Namen auf den ersten Plätzen, die insgesamt am meisten Stimmen bekommen und mit denen alle am besten leben könnten. 

Tipp: Der zweite Blick

Wer die Zeit hat, sollte auf jeden Fall – wenn möglich im gleichen Entscheiderkreis – nach einem, zwei oder mehr Tagen Abstand noch einmal abstimmen. In den Köpfen hat sich in der Zwischenzeit Erstaunliches getan und eine erste „Gewöhnung“ an die neuen Namen hat bereits stattgefunden. Die Ergebnisse des ersten und zweiten Meetings sind oft sehr unterschiedlich und der zweite Blick bzw. die Veränderung kann sehr interessant sein.

Vorsicht mit demokratischen Befragungen der gesamten Belegschaft

Auch wenn es sich sehr offen und basisdemokratisch anhört, kennt nicht jede(r) aus der Belegschaft sämtliche Anforderungen und Hintergründe der Namensfindung und kann daher nur subjektiv seinen Geschmack zum Ausdruck bringen. Dies hilft jedoch bei der schwierigen Entscheidung nur bedingt weiter. Auch kommt bei Massenbefragungen meist nur der kleinste gemeinsame Nenner heraus, also ein harmloser oder bekannt klingender Name. Ein allgemein gültiger Name, der niemandem „weh tut“ und nicht polarisiert ist aber zugleich der Killer für Außergewöhnliches, Neues und Herausragendes.

Und zum Schluss noch ein Hinweis: Egal welcher Name es aus einer gut vorbereiteten TOP-Favoriten-Liste wird, es kann ein bisschen dauern, bis man sich daran gewöhnt hat. Sobald er jedoch im Einsatz ist, also als Logo zu sehen und im Alltag gesprochen wird, ist er schnell in den Köpfen etabliert und fühlt sich "normal" an – egal wie man ihn anfangs fand. Das ganze Geheimnis ist also, nicht planlos in eine Abstimmung über Namensideen zu gehen – dann kann eigentlich nichts schief gehen.

Sie haben schon Namensideen und die Wahl fällt aber schwer oder Sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht? Sprechen Sie uns an, wir können Sie in jeder Phase des Naming Prozesses unterstützen. 

(c) Namestorm


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